Teppichböden

Teppichböden bieten Komfort, vermitteln Wärme und Behaglichkeit. Ein nicht zu unterschätzender Wohlfühlfaktor für viele Menschen. Entgegen manchem Vorurteil belegen wissenschaftliche Erkenntnisse, dass auch Allergiker nicht auf die Annehmlichkeiten textiler Bodenbeläge verzichten müssen. Oft wird behauptet, dass Teppich von Hausstaubmilben übervölkert ist. Das ist eine grobe Fehleinschätzung, denn Hausstaubmilben brauchen zur Vermehrung ein feuchtwarmes Klima. Teppichboden ist jedoch regelmäßig trocken. Feuchtwarmes Klima findet sich hingegen vor allem in Matratzen und Polstermöbeln.

Das Tufting-Verfahren ist das gebräuchlichste für die Teppichbodenherstellung, denn es ermöglicht die rationelle Fertigung vielseitiger Produkte. Die Begriffe Tufting oder Tufted sind vom englischen tuft – wörtlich: Büschel – abgeleitet. Beim Tufting-Verfahren wird das Polgarn in ein vorgefertigtes Trägermaterial eingenadelt. Um die Polnoppen fest mit dem Trägermaterial zu verbinden, erhält die Rückseite der Rohware eine Beschichtung vorwiegend aus Latexdispersionen oder Polyurethan, die in einem Arbeitsgang aufgetragen wird. Auch ein Schaumrücken oder eine Gewebekaschierung kommen in Betracht. Die nach diesem Verfahren hergestellten Teppichböden werden als Tufting-Ware bezeichnet. Sie gehört in Deutschland mittlerweile zu den beliebtesten Teppichböden: ca. 85 % sind getuftet, etwa 10 % gewebt und der Rest wird im Nadelvliesverfahren hergestellt. Die weitere Verarbeitung entscheidet über die Oberfläche wie Schlinge, Velours etc.

Beim Webvorgang werden die Kettfäden aufgeteilt und durch entsprechende Vorrichtungen zum Teil gesenkt, zum Teil gehoben. Dadurch entsteht zwischen den Kettfäden eine Öffnung, das so genannte Fach. Durch dieses Fach gleitet ein Schützen und trägt den Schussfaden ein. Das abwechselnde Heben und Senken der Kettfäden lassen diese über bzw. unter dem Schussfaden liegen, es entstehen Fadenverkreuzungen, Bindung genannt. Dieses traditionelle Verfahren wird heute noch von einigen Herstellern bei kleinen und großen Breiten verwendet. Durch die Verwendung synthetischer Fasern erhält man eine neue Qualität. Höchster Komfort ist bei diesem Herstellungsverfahren garantiert – es hat jedoch auch seinen Preis.

Unter einem Nadelfilz-Teppichboden versteht man einen aus einer oder mehreren textilen Schichten aufgebauten Textilbelag. Die Schichten bestehen aus einer Wirrlage von Stapelfasern, die durch Nadelung miteinander verfilzt sind. Der Teppichboden kann mit und ohne Trägermaterial hergestellt werden, durch eine chemische oder thermische Bindung erhält man zusätzliche Stabilität. Im Nadelvliesverfahren gefertigte Teppichböden sind speziell für den Einsatz in stark beanspruchten Räumen geeignet.

Ein verwandtes Verfahren nennt sich Kugelgarn und ist eine Entwicklung des Schweizer Unternehmens Fabromont AG. Kugelgarn-Teppichböden sind leicht zu verarbeiten. Wegen der hohen Dichte der Kugelgarnfaser sind nach dem Verlegen weder Nahtstellen noch Schnittkanten sichtbar. Die Ware ist außerdem völlig richtungsfrei, dadurch liegt der Verschnitt bei maximal 3 – 5 %. Im Gegensatz zur Web- und Tuftware besteht die Nutzschicht nicht aus längs gesponnenen oder Endlosgarnen, sondern aus zu Kugeln verzwirbelten Fasern.

Oberflächen

Und jetzt haben Sie die Qual der Wahl. Welche Oberfläche im Tuftingverfahren ist für Sie die richtige?

Velours bedeutet übersetzt “samtartiges Gewebe”. Die beim Tuften gebildete Schlinge wird bereits in der Maschine aufgeschnitten (englisch: to cut). Mit Cut bezeichnet man Veloursnoppen aus normal gesponnenem oder Endlosgarn mittlerer Polhöhe, die ähnlich wie ein Rasierpinsel aufgehen und eine veloursartige Oberfläche bilden.

Beim Frisé oder Kräusel-Velours wird das Garn besonders stark gezwirnt und dann fixiert. Diese Oberfläche ist äußerst praktisch für den alltäglichen Gebrauch und gegen Trittspuren und Laufflächenbildung extrem widerstandsfähig.

Der Saxony (englische Fachbezeichnung für einen Hochflor-Velours) hat eine Polhöhe ab ca. 9mm und ist aus thermofixiertem Zwirn bzw. Garn. Die zusätzliche Zwirndrehung ergibt einen fest in sich geschlossenen Garnstempel, der der Stauchwirkung beim Begehen und statischer Belastung (z. B. Stuhlbeine) besser widersteht als die einzelne Garnfaser des Normalvelours. Typisch ist ein körniges Oberflächenbild.

Der Shag ist ein Saxony mit einer Polhöhe ab mind. 15 mm. Shag ist sowohl die Kurzbezeichnung für einen Pfeifentabak, als auch für einen Webteppich. Beide Bezeichnungen leiten sich vom englischen Wort „shaggy“ ab, was so viel heißt wie struppig oder zottelig. Shaggyteppiche werden als Einzelstücke, aber auch als Teppichboden angeboten und verfügen alle über einen sehr hohen, etwa 30 mm hohen und „zotteligen“ Flor, wobei die Dichte der Garnbündel gering ist, so dass sich die Garne in alle Richtungen verteilen. Seit den 70-er Jahren werden die aus Kunstfasern gewebten Shags angeboten, haben aber seit 2010 in modernen zweifarbigen Kontrastfarben eine Art Wiederbelebung erfahren und sind in der Innenarchitektur „kultig“ geworden.

Der Schlingenteppichboden besteht aus fortlaufenden kleinen Garnschlingen von gleicher Höhe. Das besondere Herstellungsverfahren macht den Bodenbelag aus Schlingenware sehr robust und extrem widerstandsfähig. Anders als beim Velours sind die Schlingen elastisch: Sie werden bei Belastung zusammengedrückt und richten sich danach wieder auf.

Der strukturierte Schlingenteppichboden besteht im Gegensatz zur normalen Schlingenware aus unterschiedlich hohen Garnschlingen. Dies führt zu einem reizvollen Struktureffekt.

Cut-loop oder auch Hochtief-Cut-loop ist die offizielle englische Bezeichnung für eine hochwertige Machart der Hochtief-Musterung. Bei dieser Technik wird die musterbildende Hochschlinge schon in der Tuftmaschine aufgeschnitten, dadurch bildet die Hochschlinge eine klar abgegrenzte Velours-Hochfläche gegenüber der Tiefschlingenfläche. Ein Cut-loop ist immer die edle Version der Hochtief-Musterung mit meist samtigem Oberflächenbild.

Der Cut-loop-Saxony und der Hochtief-Cut-loop-Saxony ist aus thermofixiertem Zwirngarn hergestellte Cut-loop-Ware. Dieser Zwirn hat gerade in den empfindlicheren Hochflächen (Stauchwirkung nur auf kleiner zusammenhängender Fläche) eine stabilisierende Wirkung. Sowohl Cut-loop-Saxony als auch Hochtief-Cut-loop-Saxony gehören zu den Spitzenerzeugnissen des getufteten Teppichbodens und haben ein besonders gutes Wiedererholungsvermögen.

Hochtief-Tip-sheared ist der englische Fachbegriff für “spitzengeschoren”. Das Besondere dieser Technik: Die Hochschlingen werden erst nachträglich maschinell geschoren. Dabei schert man nur einen Teil der Hochschlinge an, während die Reste des liegenden Schlingenbodens so genannte kleine “Blitzer” auf der nun stumpfen Velours-Oberfläche bilden. Genau dies macht den besonderen Charakter des Hochtief-Tip-sheared aus.

Das englische Wort cross-over, überkreuzend, gilt als fester Begriff in der Tuftmusterung. Unterschiedlich gefärbte Garne (Ton in Ton oder Umkehrfarbe) werden in der Tuftingmaschine nach vorgegebenem Muster aufgesteckt und in die Nadeln des Nadelbalkens eingefädelt. Tuftmusterungen sind hauptsächlich dort gefragt, wo fast unifarben wirkende Kleindessins durch Drucken nicht darstellbar sind oder es zu großen Konturverzerrungen kommen könnte. Crossover wird auch für geometrische Dessins beim gewebten Teppichboden eingesetzt, weil die Garne anders als beim Drucken bis auf das Gewebe durchgefärbt sind. Tuftgemusterte Beläge nennt man in der Fachsprache auch COC (Cross-over-cut) bei Velouren oder COL (Cross-over-loop) bei Schlingenware. Ein tuftgemusterter Teppichboden wirkt, weil durchgefärbt, in der Regel edler als bedruckte Ware. Bei klein gemusterten Tuftbelägen muss bei der Verlegung im Nahtbereich besonders sorgfältig gearbeitet werden, da es sonst zum “Reißverschlusseffekt” kommen kann.

Rücken

Durch Rückenbeschichtungen wird die Stabilität verbessert und neben der Maßbeständigkeit eine höhere Haltbarkeit erreicht. Außerdem wird der Gehkomfort gesteigert, was sich vor allem bei dünnerer Nutz- oder Polschicht bemerkbar macht.

Anstelle der Kompaktschäume werden heute neben den gewebten Textilrücken meist Vliesrücken aufkaschiert. Sie unterscheiden sich durch ein unterschiedliches Gewicht, durch die Art der Vernadelung, Lage der einzelnen Fasern und durch ihr Material. Manche Vliese haben sogar Beimischungen aus Recyclingprodukten wie PET-Flaschen. Hauptsächlich bestehen sie aus polypropylen (PP), Polyester (PE) oder einer Mischung aus beidem. Ihre Vorteile liegen darin, dass sich durch die textile Rückseite der Komfort- und Strapazierwert erhöht. Und diese Produkte sind leichter zu recyceln.

Der aus einem Gemisch aus synthetischem Latex und Kreide bestehende Glatt- und Strukturschaum bildet den größten Anteil aller Rückenbeschichtungen. Das früher häufig verwendete gesundheitsschädliche Formaldehyd ist in nach 1983 produziertem deutschem Teppichmaterial nicht mehr enthalten und wird auch in Deutschland nicht mehr verkauft. Glattschaum ist heute bei DIN-gerechter Ware absolut gesundheitsunschädlich.

Im Objektbereich liegt heute der textile Zweitrücken in Form eines einfachen, groben Gewebes an der Spitze. Er wird als synthetischer Doppelrücken (SDR) oder Textilrücken (TR) bezeichnet oder er ist unter Eigenmarken wie Amoco oder Actionbac bekannt. Dabei handelt es sich um Gewebe aus Polypropylen, Polyester oder Jute, die nach der Einbindung aufkaschiert werden. Der textile Zweitrücken verbessert die Flächenstabilität. Ein solcher Teppichboden wird verspannt oder vollflächig verklebt und hat verglichen mit dem Glattschaumrücken den Vorteil, nahezu rückstandsfrei entfernt werden zu können. Deshalb werden Bodenbeläge für Objekte mit kürzeren Renovierungsintervallen überwiegend mit einem textilem Zweitrücken ausgestattet. Ein weitere Plus: Bei Fußbodenheizung ist der textile Zweitgegenüber dem Schaumrücken alterungsbeständiger.

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